Das Konzept des Waldkindergartens
„Der Waldkindergarten ist eine Einrichtung zur Erziehung von Kindern als Gegengewicht zu unserer durchorganisierten, von technischen Abläufen bestimmten Lebenswelt, in der Zusammenhänge immer weniger durchschaubar sind, in der die eigene Gestaltungsmöglichkeiten immer geringer werden und viele Dinge vorgefertigt sind.
Der tägliche Aufenthalt im Wald von ca. drei bis vier Stunden am Vormittag, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter, stellt einen unmittelbaren Bezug zur Natur her, in dem Lernen durch Beobachten, Anregungen zur eigenen Gestaltung, Entfaltung der Phantasie, Sensibilisierung und die Verknüpfung der Sinne und Ausleben von Bewegungsdrang intensiver möglich werden.
Die Liebe zur Natur entwickelt zudem ein ökologisches Bewusstsein.“ ( Landeswohlfahrtsverband)
In der heutigen Welt findet die Kindheit immer weniger draußen statt. Studien belegen, dass es immer mehr Kinder mit körperlichen Entwicklungsstörungen, Haltungsschäden, Problemen des Kreislaufsystems und Übergewicht gibt. „Die Konsequenz aus diesen Beobachtungen ist, dass Kinder vermehrt Freiräume brauchen, in denen Lernen möglich ist“ (vgl. auch Ingrid Miklitz „Der Waldkindergarten“ 4. Auflage S. 27/28).
– Orientierungsplan:
Unsere Arbeit mit den Kindern orientiert sich an dem „Orientierungsplan für Bildung und Erziehung für die baden-württembergischen Kindergärten. Darin sind die Entwicklungsfelder aufgeführt, worauf der Kindergarten Einfluss nehmen sollte: 1. Bildungs- und Entwicklungsfeld: KÖRPER; 2.Bildungs- und Entwicklungsfeld: SINNE; 3. Bildungs- und Entwicklungsfeld: SPRACHE; 4. Bildungs- und Entwicklungsfeld: DENKEN; 5. Bildungs- und Entwicklungsfeld: GEFÜHL und MITGEFÜHL; 6. Bildungs- und Entwicklungsfeld: SINN, WERTE und RELIGION (vgl. „Orientierungsplan“ 1.Auflage S. 73 ff ).
– Lernen mit allen Sinnen:
„Erzähle es mir und ich vergesse,
zeige es mir und ich erinnere,
lass´es mich selbst tun und ich verstehe.“
(Konfuzius chin. Philosoph *551 v. Chr.)
Kinder nehmen die Welt nicht nur über das Denken, sondern hauptsächlich über die Sinne wahr. Im Wald werden alle Sinne angesprochen, so dass wir hier von einer ganzheitlichen Förderung sprechen können. Die Sinneswahrnehmung wird durch unzählige Eindrücke geschult. Dadurch werden die Intelligenz und das Wahrnehmungsvermögen angesprochen.
– Sehen: Die bunten Blumen, den blauen Himmel, den Nebel, der im Tal hängt .
– Hören : Die Vögel, die in den Bäumen zwitschern, das rascheln der Blätter im Wind, Donnergrollen eines Gewitters.
– Riechen: Der Waldboden, wenn er nass ist, Baumrinde, Blumen.
– Fühlen: der Wald bietet sowohl hartes und weiches, wie auch trockenes, nasses, stacheliges und auch glitschiges….
Die Eindrücke der Natur haben im Gegensatz zu künstlich arrangierten Welt eine besondere Qualität. Das Kind sieht nicht nur etwas, es spürt und fühlt und erlebt es unmittelbar.
Wie viele Sinne hat der Mensch? Nimmt man sich einen Moment Zeit und versucht seine eigenen Sinne zu ordnen und zu erfühlen, fallen einem die Sinne Sehen, Hören, Fühlen und Riechen ein. Aber es gibt noch andere Sinne. Zum Beispiel der Gleichgewichtssinn oder die Tiefensensibilität, die es uns ermöglicht, die Stellung unseres Körpers zu fühlen. Diese sind so gut entwickelt, dass wir uns nicht mehr auf sie konzentrieren müssen, um uns adäquat bewegen zu können. Doch dies für uns normale und funktionierende Wahrnehmungssystem ist bei Kindern noch in der Entwicklungsphase. Die Kindergehirne müssen lernen, den einströmenden Wahrnehmungsinput zu ordnen und zu organisieren. Dieses Lernen geschieht primär durch Bewegung und die damit verbundenen Wahrnehmungsprozesse. Wahrnehmung und Bewegung können nicht isoliert betrachtet werden, da sie einen ständigen Dialog führen und sich gegenseitig bedingen und unterstützen. Auch die einzelnen Sinnessysteme müssen zusammenarbeiten. Das Kind muss in seiner Entwicklung lernen, die einzelnen Sinnessysteme miteinander zu gebrauchen und miteinander zu verknüpfen. Um dies zu lernen, ist es wichtig, genügend Angebote für Sinneseindrücke zur Verfügung zu haben. Je mehr Möglichkeiten die Kinder erhalten, Erfahrungen in diesem Bereich zu machen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit einer positiven Entwicklung
– Motorische Förderung:
Grobmotorik:
Kinder lernen durch Bewegung. Der Spaß daran ist ein Indikator dafür, dass die einströmenden Impulse auf das Gehirn entsprechend verarbeitet werden. Je mehr Möglichkeiten sie zum Bewegen haben, desto größer ist ihr Lernvermögen und desto ausgeglichener ist ihre Psyche. Gerade heutzutage, wo Medien und Konsum unser aller Leben bestimmt, ist das Spielen und Lernen in der freien Natur für Körper, Geist und Seele die Voraussetzung für eine gesunde, ganzheitliche Entwicklung unserer Kinder. Hier können sie mit allen Sinnen Erfahrungen sammeln und so lernen sie ihre eigenen Möglichkeiten und Grenzen kennen. Sie entwickeln durch Klettern, Balancieren, Überwinden von Hindernissen im Wald spielerisch ein ausgeprägtes Selbstvertrauen.
Der Wald bietet geradezu optimale Voraussetzungen, um sich spontan und frei zu bewegen. Sie lernen ihre körperlichen Stärken, aber auch ihre Grenzen kennen.
Wir alle wissen aus unserer Kindheit, dass es nichts Schöneres gibt, als sich ohne Zeitdruck und Vorgaben draußen bewegen zu können. Das ist für die Kinder heute noch so, leider bekommen sie oft viel zu wenig Möglichkeiten dazu. Im Waldkindergarten können sie sich ausprobieren, indem sie hüpfen, klettern, balancieren, rutschen, im Matsch oder auf Eis laufen oder in Pfützen springen.
Die Grobmotorik wird bei uns zusätzlich durch regelmäßige Seilaufbauten im Wald gefördert, in denen die Kinder herumklettern oder schaukeln können.
Das kommt besonders den Kindern zugute, die sich eher auf niedrigen Hindernissen bewegen möchten.
Feinmotorik:
Auch die Feinmotorik wird in unserem Waldkindergarten gefördert. Durch Schnitzen, Sägen, Hämmern, aber auch durch malen, schneiden und kleben. Kleine Naturmaterialien wie Moos, Kastanien, Eicheln usw. regen die Kinder an, damit gestalterisch und kreativ zu spielen.
– Wertevermittlung:
Wir leben den Kindern eine weltoffene Einstellung vor, sind religiös neutral, offen für alle Kulturen und Religionen. In dieser Beziehung ist Vorbild sein die beste Erziehung und dieses Kulturgut wollen wir unseren Kindern vermitteln.
Wir feiern die Feste der Jahreszeit, oft auch mit den Eltern.
Wir besuchen aber auch regelmäßig die Bücherei, schauen uns Baustellen und Baumaschinen an, reden mit den Arbeitern am Bau oder vom städtischen Bauhof, oder fahren von der nahe gelegenen Haltestelle mit der Schönbuchbahn in Nachbarorte, um uns dort umzusehen. Das Verhalten im Straßenverkehr wird so frühzeitig eingeübt.
– Sprachförderung:
In unserem Kindergarten wird durch Lieder, Gedichte, Finger- und Kreisspiele die Kommunikation gefördert. Im Morgenkreis macht ein Erzählstein die Runde und ermutigt die Kinder, vor der Gruppe zu sprechen.
Differenzierte Merk-und Sprachfähigkeit wird durch Sammeln, Ordnen und Rollenspiele, Erzählen von Geschichten, Singen von Liedern trainiert.