Workcamp: Heim-statt Tschernobyl mit den Wald-Igel

Wohin soll man fahren, um eigene bis jetzt versteckte Talente zu entdecken? Meine Empfehlung – man soll an einem Workcamp vom Heim-statt Tschernobyl teilnehmen. Da stellt eine Sozialarbeiterin zu eigener positiver Überraschung plötzlich fest, dass sie sich auch als Dachdeckerin nicht verstecken muss. Studentinnen-Germanistinnen bauen Hochbeete mit Links. Ein Beamter traut sich mit Landschaftsdesign anzulegen und das Ergebnis lässt sich sehen.

Aber jetzt von Anfang an……

So wie im letzten Jahr fand der zweite Teil des diesjährigen Workcamps in Holzgerlingen beim Waldkindergarten „Wald-Igel“ statt. Es wurde ein Bauwagen für Werkzeuge neu aufgebaut; vorher natürlich der alte Wagen abgebaut und fachgerecht entsorgt. Es sind ein paar neue Hochbeete für kleine Nachwuchsgärtner entstanden; eine neue Kinderspielküche und ein paar Häuschen, wo Eltern gebührend und mit frisch zubereiteten „Leckereien“ aus Matsch und Sand vorm Nachhausegehen empfangen und gestärkt werden.

Ein Leuchtturmprojekt waren in diesem Jahr zwei Sandarien. Ja, ja, Du hast richtig gehört: Sandarien. Ein Sandarium ist ein Nistplatz aus Sand, Steinen, Totholz, Wildstauden und vielem mehr, wo Wildbienen und anderes brummendes und summendes Volk einsiedeln kann. Eine große Mehrheit davon (bei manchen Arten bis zur 3/4) lebt im Erdboden. Dazu ist ein Sandarium auch ein Blickfang. Die zwei Wald-Igel Sandarien sind für alle Vorbeifahrende, gehende und -laufende HolzgerlingerInnen sehr gut sichtbar. Auf der davorstehenden Infotafel kann jede und jeder mehr darüber erfahren. Kaum waren die letzten Wildstauden in den Sandarien eingepflanzt und gegossen, kamen sofort die allerersten Wohninteressenten angeflogen und mit einem (In)Sektempfang begrüßt.

Das facettenreiche Begleitprogramm des Workcamps sucht seinesgleichen, selbst für die Wiederholungstäter war sehr viel Neues dabei. Ausflüge auf die Schwäbische Alb und in den Schwarzwald; ein Spaziergang durch den Märchengarten in Ludwigsburg; Besuch der KZ-Gedenkstätte in Hailfingen-Tailfingen; Stadtbummel durch Herrenberg; ein Waldbaden im Schönbuchwald mit einer fachkundigen Führung und traditionellem Schützenwettbewerb. Sollte jemandem bei dieser Auflistung schwindelig geworden, mag er/sie an dieser Stelle bitte aufhören, denn es ging Schlag auf Schlag weiter: Mediavorträge über die Bärenwelt in Alaska und Pinguinenmetropolen in der Antarktis sowie über das Konzept Fairtrade/Weltladen mit Verköstigung von Schokolade und Kakaobohnen; Kneipenquizzspiele abends mit neuen, häufig brisanten und augenöffnenden Erkenntnissen.

Besondere Erwähnung verdient die Tatsache, dass in diesem Jahr bereits die zweite Generation eines Workcamp-Teilnehmers mitgewirkt hat: eine junge Dame aus Belarus, deren Eltern vor Jahrzehnten auch mit dabei waren. Das zeigt, dass Heim-statt Tschernobyl nicht nur für die Familie Schill zur Familien-Saga geworden ist.

Summa summarum: das diesjährige Workcamp wird bei allen Beteiligten für sehr-sehr lange Zeit in guter Erinnerung bleiben. Ganz großes Lob und Dank an alle die mitgemacht haben. Kaum in Worte zu fassende Verneigung und Anerkennung an Edeltraud und Christof, die das Ganze trotz aller Widrigkeiten immer wieder anstoßen, durchziehen und mit Leben füllen.

Bericht von Sergej – einem Teilnehmer